Rechtsanwalt Jürgen Linkenheil

Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentum

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NJW-aktuell

Die Aussagekraft von Anwaltslisten

Das Magazin Focus hat wieder eine Anwaltsliste veröffentlicht (Ausgabe Nr. 39/13 vom 23. 9.). Sie enthält 120 Namen, sortiert nach Regionen und Tätigkeitsfeldern. Empfohlen werden jeweils 20 Anwälte für die Rechtsgebiete Arbeitsrecht, Erbrecht, Familienrecht, Miet- und WEG-Recht, Strafrecht und Verkehrsrecht. Am 15.10. 2013 legt der Focus nochmals nach: Es folgt ein Spezial-Heft mit dem Titel „Deutschlands Top-Anwälte“. Darin findet sich eine Liste mit fast 800 Anwälten bzw. Wirtschaftskanzleien. Erstellt hat die Listen das Hamburger Institut Statista. Die NJW hat bei Dr. Friedrich Schwandt, dem Geschäftsführer der Statista GmbH, nachgefragt, wie solche Listen entstehen und welche Aussagekraft sie haben.

NJW: Wie messen Sie anwaltliche Qualität?

Schwandt: Anwaltliche Qualität ist sehr subjektiv und schwierig zu „messen“. Als sehr verlässliche Indikation haben sich - auch in anderen beratenden Branchen - Kollegenempfehlungen herausgestellt. Entsprechend messen nicht wir die Qualität, sondern es sind die Branchenexperten selbst, die mit ihrem Marktverständnis in den einzelnen Beratungsfeldern durch ihre Empfehlungen indizieren, wer in der Branche für Qualität steht. Hierzu haben wir für den Focus zwei umfangreiche und repräsentative Befragungen durchgeführt: Von den ca. 30.000 Fachanwälten in den genannten Fachgebieten wurden über 16.000 angeschrieben und über 4.200 haben geantwortet. Zudem haben wir über 7.100 Partner von Wirtschaftskanzleien angeschrieben, von denen über 2.700 Partner Empfehlungen zu Wirtschaftskanzleien ausgesprochen haben. Unseres Wissens gab es noch nie eine so umfangreiche Befragung zu Kollegen in Deutschland.

NJW: ist das ausreichend, um aus gut 160000 Anwälten diejenigen herauszufiltern, die in den jeweiligen Gebieten zu den Besten gehören?

Schwandt: Ausreichend ist aus unserer Erfahrung der Ansatz dann, wenn a) Repräsentativität hergestellt wurde oder sogar jeder Anwalt die Chance hatte, empfohlen zu werden und b) diejenigen, die befragt wurden, Beratungsqualität wirklich beurteilen können. Der befragte Anwalt kann jeweils aus der täglichen Praxis eine Mehrzahl an Kollegen, insbesondere unter den Fachanwälten, beurteilen. Zudem ist die Repräsentativität angesichts der genannten Anzahl an Teilnehmern gewährleistet - jeder Anwalt hatte eine Chance, empfohlen zu werden. Für b) gilt der alte Satz „Qualität kann Qualität beurteilen" - daher wurden nur qualifizierte Fachanwälte sowie Partner in Wirtschaftskanzleien befragt, die u. E. über die notwendige Erfahrung und Marktkenntnis verfügen und deren Empfehlungen entsprechend werthaltig sind.

Zum Vergleich: Mit der Ärzteliste hat der Focus viele Jahre Erfahrung. Sie wird von Patienten, Krankenhäusern und Arzten als Standard genutzt.

NJW: Unabhängig davon: Sind Kollegenempfehlungen ausreichend aussagekräftig? Müsste man nicht auch die Mandanten befragen?

Schwandt: Mandanten beurteilen ihre Anwälte nach noch individuelleren Kriterien im Kontext ihrer (oft nur einmaligen) rechtlichen Beratungssituation als aus Fachsicht und täglicher Dauerpraxis beurteilende Kollegen. Diese unterschiedlichen persönlichen Bewertungsfaktoren in einem Ranking zusammenzuführen, ließe sich noch kritischer hinterfragen. Darüber hinaus wäre eine Mandantenbefragung auch rechtlich nur möglich, wenn sich die Mandanten mit einer Nennung ausdrücklich einverstanden erklärten - das ist sowohl mandanten- als auch häufig kanzleiseitig nicht gewollt bzw. führt zu positiv-verzerrten Aussagen. Auch eine Repräsentativität ließe sich nur schwerlich herstellen.

NJW: Was sagt die Liste denn tatsächlich über die darauf enthaltenen Anwälte aus? Dass sie in ihrem Tätigkeitsbereich sehr erfahren und sehr kompetent sind oder dass sie zu den Besten gehören?

Schwandt: Aus unserer Sicht trifft beides zu: Überhaupt für einen Fachbereich empfohlen zu werden ist m. E. ein Indikator für Kompetenz und Erfahrung. Aus mehrfachen bzw. sogar sehr häufigen von unabhängig antwortenden Kollegen ausgesprochenen Empfehlungen ergibt sich ein klarer Hinweis darauf, dass der- bzw. diejenige bzw. eine Wirtschaftskanzlei sich in der Branche einen sehr guten Ruf erarbeitet hat - denn von „Nichts kommt Nichts“. Das Ziel, einem rechtsuchenden Unternehmen oder einer Privatperson eine fundierte Empfehlung an die Hand zu geben, ist damit in jedem Fall gewährleistet.

NJW: Die Verpackung durch den Focus („Top-Anwälte“) suggeriert aber, dass es sich hier um die absolute Elite handelt. Wird damit dem rechtsunkundigen Leser nicht ein falsches Bild vermittelt?

Schwandt: Unserer Meinung nach ist dem nicht so. Wer von vielen unabhängig befragten Fachkollegen am häufigsten empfohlen wird, gehört sicherlich auch zu den Top-Anwälten bzw. Top-Wirtschaftskanzleien Deutschlands. Zusätzlich gibt es natürlich auch Top-Anwälte bzw. Top-Wirtschaftskanzleien, die nicht auf der Liste stehen. Mit dem Begriff Elite kann ich im Allgemeinen wie im Speziellen nichts anfangen.

NJW: Welchen Nutzen haben solche Listen aus Ihrer Sicht für die Rechtsuchenden?

Schwandt: Unsere Ergebnisse bieten dem Leser eine erste gute Orientierung. Sie helfen beispielsweise dem Unternehmen beim Zusammenstellen einer Longlist für Wirtschaftskanzleien zu einem bestimmten Thema. Natürlich ersetzen die Listen nicht das persönliche Gespräch.

NJW: Sind die Listen nicht so reduziert, dass sie für viele Rechtsuchende wertlos sind? Konkret: Was nützt eine Liste zum Familienrecht, die für den gesamten Westen der Republik nur Anwälte im Großraum Köln/Düsseldorf und in Frankfurt am Main ausweist? Rechtsuchenden aus dem Ruhrgebiet oder aus Rheinland-Pfalz hilft das wenig.

Schwandt: Die Liste im Focus-Hauptheft vom 23. 9. erhebt nicht den Anspruch einer individuellen Anwaltsvermittlung auf lokaler Ebene. Eine deutlich breiter angelegte Liste mit ca. 800 empfohlenen Fachanwälten sowie Wirtschaftsrechtskanzleien, die auf demselben Empfehlungsprinzip beruht, wird am 15. 10. im Focus Spezial veröffentlicht - hier ist dann sicherlich für jeden ein erreichbarer, empfohlener Anwalt bzw. eine Wirtschaftskanzlei dabei.

NJW: Noch ein Beispiel: Ich bin Arbeitnehmer aus Stuttgart und suche anwaltlichen Beistand wegen einer Abmahnung. Da hilft mir der Eintrag der Focus-Liste nicht weiter, da der dort empfohlene Anwalt ausschließlich Arbeitgeber vertritt. Gehören solche Informationen daher nicht auch in die Liste?

Schwandt: In unserer Studie „Wirtschaftsrechtskanzleien in Deutschland 20.13“ zu den besten Wirtschaftskanzleien haben wir zahlreiche Informationen zu den einzelnen Kanzleien zusammengestellt, die dort alle in einer umfangreichen Excel Tabelle verfügbar sind. Ein Magazin ist natürlich in seinem Platz begrenzt und kann so etwas nicht liefern. Zudem muss die Übersicht gewahrt bleiben. Auch gebe ich lhnen absolut Recht, dass eine Liste sicherlich nicht alle Fragen beantworten kann, sondern vielmehr eine erste Orientierung gibt.

NJW: Sie haben zahlreiche weitere Daten zum Anwaltsmarkt erhoben,die nicht Gegenstand der Focus-Veröffentlichungen sind. Was sind das für Daten?

Schwandt: Das ist richtig. Die Angaben der über 2.700 befragten Partner von Wirtschaftskanzleien bilden den aussagekräftigen Kern der Statista-Studie „Wirtschaftsrechtskanzleien in Deutschland 2013“, die seit dem 23. 9. erhältlich ist (Leseprobe auf https://q.statista.com/de). Diese betrachtet die größten 750 Wirtschaftskanzleien (z. B. Umsätze der einzelnen Kanzleien, Umsatz pro Partner bzw. Berufsträger, Anzahl Partner/Berufsträger in diesen Kanzleien). Zudem gibt die Studie (150-seitige Präsentation plus Excel-Datei) unter anderem Aufschluss über die durchschnittliche Bandbreite der Stundensätze in 24 Rechtsgebieten, von den, befragten Partnern erwartete Markttrends und sie enthält selbstverständlich auch je Rechtsgebiet die detaillierten Top-Kanzleilisten auf Basis der Kollegenempfehlungen.